Der „Hof Thal“ bestand schon seit Jahrhunderten, als 1798 die Revolution hereinbrach. Er umfasste nicht nur das Dorf Thal, sondern auch Buechen, Staad, Rheineck und die „Nachbarschaft am Berg“ bis hinauf nach Wolfhalden, Heiden, Wienacht. Einigend wirkte für alle das Gotteshaus in Thal, das zur Diözese Konstanz gehörte und dessen Bestand durch neuere Grabungen bis mindestens ins 8. Jahrhundert nachgewiesen ist. Bis ins späte Mittelalter unterstand der Hof Thal dynastischen Herrschaften, deren Vögte in der Regel im Städchen Rheineck residierten. 

Eine neue politische Kraft, das Land Appenzell, entstand durch die Freiheitskriege (Stoss 1405) und den Alten Zürichkrieg („Schlacht an der Wolfhalden“1445). Zum Schutze des Landes errichteten die Appenzeller in dieser Zeit militärische Sperren, sogenannte Letzinen. Diese bestimmten in der Folge den Verlauf der Grenze. Auf der Linie Rheineck – Dorfhalde – Tobelmüli – Boden reichte sie nahezu an den Bergfuss (tiefster Punkt des Landes bzw. des Kantons Appenzell Ausserrhoden an der Dorfhalde von Thal 436 m ü.M.). Die Appenzeller erlangten zunächst faktisch und 1460 durch Kauf auch rechtlich die Herrschaft über das Rheintal, verscherzten sie aber dreissig Jahre später durch den Rorschacher Klosterbruch.

Ihre Nachfolge übernahmen die vier Schirmorte des Klosters St. Gallen und drei weitere eidgenössische Stände, schon kurz nach dem Schwabenkrieg wurde aber auch das Land Appenzell Mitregent der Gemeinen Herrschaft Rheintal.


Die ehemaligen Hofleute ob der Letzi hatten sich somit politisch vom Hof Thal gelöst; sie bildeten nun die Rhodgemeinde oder Hauptmannschaft Kurzenberg. Immer noch gehörten sie aber zur „Kirchhöri“ Thal, auch nach der Reformation, die zur paritätischen Benützung der Kirche führte. 1598 wurden zwischen Thal/Rheineck und Kurzenberg die Grenzen neu festgelegt und die ganze Strecke zwischen dem Eichenbach bei Brenden und dem Schloss Wartensee mit 31 Marken bezeichnet. Im selben Jahr teilte ein Vertrag die bisher gemeinsam genutzten Allmenden unter die „Geginen“ ob und unter der Letzi auf. 

Nach dem Bau eigener Kirchen im Jahre 1652 trennten sich Heiden und Wolfhalden von der Mutterkirche Thal und bildeten eigene Gemeinden.

Wolfhalden blieb Grenznachbar „Hof Thals“ zwischen Klusbach/Dorfbach und Gstaldenbach, und zwischen diesem und dem Mattenbach/Steinlibach grenzte auch Heiden an Thal. Der obere Lutzenberg (Aussertobel) schloss sich Wolfhalden an, der Untere blieb bei der nähergelegenen Kirche Thal, ebenso die Rhoden Wienacht und Tobel, die nun mit dem unteren Lutzenberg politisch eine eigene, zweiteilige Gemeinde bildeten.

Besonders eng verbunden waren bis ins 15. Jahrhundert hinein Thal und Rheineck, später entwickelten sie sich Schritt für Schritt zu grösserer Unabhängigkeit und Selbständigkeit. 


Schon 1438 erfolgte eine Ausscheidung in zwei Gerichte mit niedergerichtlichen Kompetenzen: eine klare territoriale Scheidung wurde 1498 vorgenommen. Die Grossallmende Buriet, der sogenannte „Untergang“, blieb aber weiterhin in gemeinsamer Nutzung, auch der Kurzenberg war daran beteiligt, schied aber 1598 aus dem Verband aus. Gleichzeitig vereinbarten Thal und Rheineck ein bestimmtes Anteil- und Wertverhältnis; Streitigkeiten machten später weitere Übereinkünfte nötig. Mit Unterstützung des Landvogts kam es schliesslich 1770 zur Verteilung der Allmende an die Ortsbürger, was zu einer besseren Nutzung und Urbarisierung des bisher unbebauten Allmendbodens führte. Die Überwachung und Zuteilung der „Gmeindsteile“ besorgte weiterhin das gemeinsam geführte „Untergangsamt“, erst 1873 wurde es durch eine Übereinkunft der beiden Ortsgemeinden aufgelöst. 

Was die kirchlichen Verhältnisse anbelangt, trennte sich evangelisch Rheineck 1716 von Thal; erst 1933 wurde katholisch Rheineck zur eigenen Pfarrei.

Als Folge der Revolution wurde nun unerwartet die Grenze im Westen und Norden des Hofes zu einem Problem für den Hof und seine Nachbarn. Zwar floss kein Blut dabei, aber es wurde zäh gerungen. Die damit verbundenen Aktivitäten, Emotionen und Resolutionen bildeten den Schwerpunkt unserer Darstellung.

Die Entstehung der Munizipal- und der Ortsbürgergemeinde

Die Stellung der Gemeinde wurde durch die Helvetik nur lückenhaft definiert, so dass man immer wieder auf alte Institutionen zurückgriff. Neu war, dass der Unterschied zwischen eingesessenen Bürgern und den Niedergelassenen, den sogenannten Hintersässen, grundsätzlich aufgehoben wurde. Diesen musste, sofern sie Schweizer Bürger waren und in einer Gemeinde fünf Jahre Wohnsitz hatten, das Bürgerrecht gewährt werden, damit wurden sie „Aktivbürger“.

Ein folgenschweres Gesetz vom 13. Februar 1799 schränkte dann aber dieses Recht ein „in Erwägung, dass jede Gemeinde eigenthümliches Vermögen besitzt, welches durch Gesetz geschützt werden soll“.

Paragraph 1 Die Glieder der Gemeinden, welche unter dem Namen Bürger gekauftes, ererbtes oder geschenktes Recht an Gemeinde- oder Armengütern hatten, bleiben in diesem Rechte ungestört.

Dem Recht folgt die Pflicht:

Paragraph 3 Derjenigen Gesellschaft in jeder Gemeinde, welcher bis dahin unter dem Namen der Bürgerschaft die Pflicht der Unterhaltung und Unterstützung ihrer Armen oblag, soll diese Pflicht noch ferner obliegen.

Das Gesetz mit dem entscheidenden Begriff „gekauftes, ererbtes oder geschenktes Recht“ hatte zur Folge, dass man künftig zwischen Munizipalgemeinde – der späteren Einwohner- oder Politischen Gemeinde – und der Ortsbürgergemeinde unterschied. Die Abgrenzung der Kompetenzen war oft mit Schwierigkeiten verbunden. In Thal wurde die Behörde zur Verwaltung des Bürgergutes, die sogenannte Gemeindekammer, erst nach wiederholter Aufforderung durch den Unterstatthalter im Mai 1800 gewählt. Sie bestand aus fünf Mitgliedern, die zum Teil auch im elfköpfigen Munizipalrat sassen.  

Beschluss vom 10. Mai 1891, dass ein eigener Ortsverwaltungsrat gewählt werde. Bis dahin war der Gemeinderat zugleich Ortsverwaltungsrat.


QUELLEN

Jakob Frigg
Auszug aus dem Bericht im 
Rorschacher Neujahrsblatt 1993

Robert Dornbierer
Heimat um den Buechberg 1993